
Schon mal ein Rezept genau befolgt und trotzdem vom Geschmack enttäuscht gewesen? Das ist eine Frustration, die viele kennen. Ich erlebte etwas Ähnliches, als ich meine im Studium erlernten Fähigkeiten zur Gestaltung von B2B-Websites in realen Projekten anwandte. Obwohl ich dachte, alles im Griff zu haben, brach das Chaos aus, als Theorie und Praxis aufeinanderprallten. Aber weißt du was? Ich habe eine Menge daraus gelernt, und ich hoffe, dass du das auch kannst.
Das Gute: Ich kannte den Ansatz – Design Thinking.
Die ’naive‘ Annahme: Ich dachte, Design Thinking wäre alles, was ich brauchte.
Es stellte sich heraus, dass dem nicht so war. In der Praxis ist es komplexer. Design Thinking ist zwar ein wertvoller Prozess, aber nicht der einzige Erfolgsfaktor.
Schritt 1: Klare Ziele für deine B2B-Website setzen
Definiere die primären Ziele in Zusammenarbeit mit dem Vertriebsteam, um sicherzustellen, dass sie mit den Unternehmenszielen und Verkaufsprozessen übereinstimmen.
Überlege, ob dein Fokus auf Lead-Generierung oder Demand-Generierung liegt und ob deine Zielgruppe am oberen (ToFu) oder unteren Ende des Verkaufstrichters (BoFu) steht. Das beeinflusst die Botschaften und Inhalte, die du auf deinen Hauptseiten präsentierst. Bestimme außerdem, wie die Leads das Vertriebsteam kontaktieren sollen: über Formulare, Fragebögen, Telefonanrufe, Demos, Meetings oder Live-Chats. Diese Informationen prägen das Design deiner Website.
In meinem Projekt bin ich anfangs davon ausgegangen, dass unsere Ziele klar waren, und habe mich nicht mit dem Vertriebsteam (und der Geschäftsführung, da wir ein kleines Startup waren) zusammengesetzt, um klare Ziele zu definieren. Beim Präsentieren des ersten Prototyps zeigte sich jedoch, dass Marketing, Geschäftsführung und Vertrieb unterschiedliche Vorstellungen hatten. Das zwang mich dazu, einen neuen Designansatz zu wählen, was wertvolle Zeit gekostet hat. Es wurde deutlich, dass die Abstimmung entscheidend war, bevor es weiterging.
Schritt 2: Design Thinking anwenden
Design Thinking ist ein nutzerzentrierter Ansatz zur Problemlösung und Innovation. Er ist nicht-linear und iterativ und hilft Teams dabei, die Nutzer zu verstehen, Annahmen in Frage zu stellen und durch Prototyping und Testing innovative Lösungen zu entwickeln. Der Ansatz ist lösungsorientiert und nutzerzentriert und verlagert den Fokus von Problemen hin zur Erfüllung von Nutzerbedürfnissen.
Die fünf Schritte des Design Thinking:

- Empathize – Verstehe die Bedürfnisse der Nutzer
- Define – Formuliere die Bedürfnisse und Probleme der Nutzer
- Ideate – Entwickle innovative Ideen
- Prototype – Veranschauliche die Ideen
- Test – Teste und verbessere
1. Empathize
Das Ziel dieses Schrittes ist es, das Publikum zu verstehen, indem du dich in seine Lage versetzt und seine wichtigsten Probleme aufdeckst.
- Eine User-Persona erstellen
Entwickle eine detaillierte Nutzer-Persona, die Demografie, Verhaltensweisen, Motivationen, Ziele und Herausforderungen umfasst. Es ist wichtig, ihre Ziele, Herausforderungen und Schmerzpunkte auf deiner Website zu verstehen, um das Design effektiv anzupassen.
- User-Interviews durchführen
Der beste Weg, um Erkenntnisse zu gewinnen, ist durch Nutzer-Interviews, wobei die Teilnehmer basierend auf der erstellten Persona ausgewählt werden. In B2B-Umgebungen kann es herausfordernd sein, Interviews mit den richtigen Personas zu organisieren, insbesondere wenn diese noch keine Kunden sind. In meinem Projekt versuchte ich, Interviewpartner so nah wie möglich an der Persona auszuwählen. Da B2B-Websites oft komplex und schwer verständlich sind, haben wir auch Nutzer außerhalb der Branche interviewt, um zu testen, ob Nicht-Experten unsere Website verstehen.
Was die Anzahl der Interviews betrifft, gibt es keine feste Regel. In der Regel sind etwa 5 Nutzer ausreichend, um etwa 80% der Probleme zu finden. Tests mit mehr Nutzern bringen möglicherweise nicht viele neue Erkenntnisse, da du wahrscheinlich die gleichen Probleme wiederkehrend siehst.

Quelle: „Why You Only Need to Test with 5 Users„, Nielsen Norman Group
So haben wir unsere Interviews durchgeführt:
- Wir begannen mit Hintergrundfragen zu ihrer Nutzung der Website:
- Wie oft nutzt du die Website?
- Was ist der Hauptgrund für deinen Besuch?
- Gibt es noch andere Gründe, warum du die Website nutzt?
- Welche Art von Inhalten erwartest du?
- Jeder Nutzer hatte eine Aufgabe auf der Website zu erfüllen.
- Wir ermutigten sie, laut zu denken, während sie navigierten: was sie sahen, fühlten und was sie als Nächstes tun wollten.
- Wir fragten nach ihrer Erfahrung (abhängig von den Besonderheiten deiner Website kannst du andere Fragen stellen):
- Wie war dein Gesamteindruck von der Website?
- Konntest du die Informationen finden, die du gesucht hast? Wenn nicht, was fehlte oder war schwer zu finden?
- War es für dich intuitiv, was du als Nächstes tun solltest?
- Was gefällt dir an der Website?
- Gab es Inhalte oder Informationen, die du als überflüssig empfunden hast?
- Welche Vorschläge hast du zur Verbesserung der Website, einschließlich Design, Informationen und Funktionalität?
- Abschließend baten wir sie, 3 Dinge zu nennen, die ihnen am meisten gefallen haben, und 3 Dinge, die sie verbessern würden.
Wir nutzten dann eine User Empathy Map, um zu verstehen, was die Nutzer brauchen und wollen. Das half uns, ihre Probleme und Vorlieben zu erkennen.

- Website-Daten analysieren
Um tiefer zu verstehen, wie Nutzer deine Website navigieren und mögliche Probleme zu finden, analysiere die Website-Daten. Wir haben Tools wie Google Analytics (GA4) und Lucky Orange (ein Heatmap-Plugin für Websites) verwendet. Diese zeigen, wo Nutzer klicken und scrollen.
2. Define
Nachdem du die Erfahrungen der Nutzer verstanden und ihr Feedback gesammelt hast, musst du die Probleme definieren, mit denen sie konfrontiert sind. Das bedeutet, dass du zusammenfasst, was du in der Empathie-Phase gelernt hast, und eine klare Problemstellung formulierst, um den Designprozess zu lenken.
In unserem Projekt haben wir die Probleme zusammengetragen und notiert, wie oft sie erwähnt wurden. Dann haben wir sie in Kategorien wie Website-Struktur, Startseite, Produktseite und Kontaktmethoden organisiert, um eine strukturierte Übersicht der Probleme zu erstellen.
3. Ideate
Nachdem die Probleme definiert sind, gehst du zur Ideation über. Techniken wie Brainstorming und Mind Mapping können helfen, Ideen zu generieren und visuell darzustellen. Wir haben auch eine Quadrantenanalyse verwendet, um den Aufwand und die Auswirkungen unserer Ideen zu bewerten. Diese Matrix half uns, die Priorität der umzulegenden Funktionen basierend auf ihrem potenziellen Einfluss und der Machbarkeit festzulegen.

4. Prototype & test
Prototypen sind wertvoll, um auf Ideen aus der Ideation-Phase aufzubauen. Denk daran, dass sie keine Endprodukte sind, also musst du nicht jede Idee in deinem ersten Prototypen umsetzen. Konzentriere dich auf spezifische Aspekte und sammle Feedback, um dein Design zu verfeinern.
In meinem Projekt habe ich Adobe XD verwendet, um Prototypen zu erstellen, beginnend mit der Website-Struktur und der Startseite. Nach dem Testen mit Nutzern und dem Erhalt von Feedback habe ich Anpassungen für den zweiten Prototypen vorgenommen und eine Produktseite hinzugefügt. Ich habe sowohl mit den ursprünglichen als auch mit den zusätzlichen Nutzern getestet, um sicherzustellen, dass kein wichtiges Feedback übersehen wurde.
Es ist wichtig, die Anzahl der Iterationen zu begrenzen, um Zeitverschwendung zu vermeiden, besonders in B2B-Kontexten, wo die Nutzerbeteiligung für Tests herausfordernd sein kann. Während 3 Iterationen ideal für mich sind, haben wir aufgrund von Zeitbeschränkungen und der Verfügbarkeit der Nutzer nur 2 geschafft.
Schritt 3: Live gehen, verfolgen und verbesseren
Nun, setze das Design um und starte deine Website! Sei darauf vorbereitet, Anpassungen vorzunehmen, um sie mit deinem CMS und Plugins abzustimmen.
Sobald die Website live ist, endet die Arbeit jedoch nicht dort! Du musst die Leistung deiner Website mit Tools wie Lucky Orange/Hotjar und Google Analytics (GA4) überwachen und notwendige Verbesserungen vornehmen. Dieser fortlaufende Prozess ermöglicht es dir, eine größere Datenmenge zu sammeln und deine Website kontinuierlich zu verbessern.
Profi-Tipps für die Erstellung einer nutzerorientierten B2B-Website
- Klare Website-Struktur und Navigation
- Mobilfreundliches Design
- Verwende kundenfreundliche Sprache: Halte deine Botschaften einfach und vermeide komplexe Terminologie. Stelle sicher, dass Besucher dein Angebot klar verstehen.
- Optimiere die Website-Geschwindigkeit: Nutzer könnten abspringen, wenn deine Website langsam lädt. Optimiere die Ladezeiten, indem du große Dateien, Animationen und unnötige Elemente minimierst.
- Vermeide übermäßige Kreativität bei Standardelementen: Nutzer sollten leicht erkennen können, wie sie weiter navigieren.
- Wahre Konsistenz bei Persona und Botschaft: Definiere deine Zielgruppen-Personas klar und passe den Website-Inhalt an ihre spezifischen Bedürfnisse und Interessen an.
- Prominente CTAs: Gestalte deine Calls-to-Action (CTAs) klar, auffällig und leicht zu finden, um die Nutzer zu den gewünschten Aktionen zu führen.
- Vergiss nicht den „Über uns“-Bereich: Baue Vertrauen bei potenziellen Kunden auf, indem du Kontaktdaten, Vision, Mission und Teammitglieder bereitstellst.
Referenzen:
1. Igor Dinuzzi, „The importance of UX and design thinking„, Toptal Designers
2. Jakob Nielsen, „Why You Only Need to Test with 5 Users„, Nielsen Norman Group
3. Kittie Walker, „Creating customer personas using an empathy map„, Medium.com
4. „Impact vs. effort: a simple matrix for prioritising tasks„, BiteSize Learning